Prokrastination überwinden und Ergebnisse optimieren
Prokrastination kann berufliche Nachteile bedeuten und die Gesundheit beeinflussen. Wie überwinden Betroffene Prokrastination und wie kann ihnen geholfen werden?

Vor der wichtigen Prüfung verspüren Sie das tiefe Bedürfnis, die Wohnung zu saugen? Die Fugen im Badezimmer könnten auch mal wieder geschrubbt werden? Dann geht es direkt mit dem Lernen weiter - nach einer Stunde joggen natürlich, um die Aktivität anzufeuern oder doch lieber mit der besten Freundin auf ein Glas Wein treffen und ein bisschen "netflixen"? Am Ende ist auch morgen noch Zeit.
Prokrastination oder Aufschieberitis bezeichnet das Phänomen, wichtige Aufgaben wie das Lernen für eine Prüfung immer weiter in Richtung der Deadline zu verschieben. Statt der Bewältigung der Aufgaben in einem sinnvollen Zeitraum setzen sich die Aufschieber selbst unter Druck und verdrängen die Realität. Hat Prokrastinieren einfach etwas mit Faulheit zu tun?
Psychologische Untersuchungen würden widersprechen: Die Gründe für das Prokrastinieren können vielseitig sein. Betroffen sind neben Personen mit einem großen Drang für Entertainment oder einer chaotischen Herangehensweise beispielsweise auch Perfektionisten.
Prokrastinieren kann Bildung, Beruf, Privatleben und die persönliche Gesundheit stark beeinträchtigen. Was sind Gründe für Prokrastination und wie können Betroffene die Spirale durchbrechen?
Prokrastination - die überwindbare Modekrankheit
Die Definition von Prokrastination ist weit bekannt. Prokrastination bedeutet, Aufgaben aufzuschieben und sich mit anderen Tätigkeiten abzulenken - Betroffene tun dies, obwohl sie wissen, dass negative Folgen, Stress und vielleicht ein schlechtes Ergebnis die Folgen des Aufschiebens sein können.
Dieses Bewusstsein wird häufig verdrängt und auch die Erkenntnis darüber, dass alles noch schlimmer wird und in Depressionen oder dem Verlust eines Jobs enden kann, wird außer acht gelassen. Eine Untersuchung zum Thema Prokrastination der Universität Mainz hat gezeigt, dass vor allem junge Männer von Aufschieberitis betroffen seien.
Die meisten der etwa 2.500 Probanden im Alter von 14 bis 95, befassten sich anstelle der wichtigen Aufgaben lieber mit Spielereien im Internet und mit anderen Medien. Neben dem Zeit totschlagen oder viel Kurzweil können auch kleine einfache Aufgaben für ein positives Gefühl sorgen.
Warum prokrastinieren Menschen?
Aufgaben aufschieben geht für Betroffene mit einem Hochgefühl einher, welches auch mit der Ersatzbeschäftigung zusammenhängt. Einfach schon Feierabend machen, die letzten Folgen einer Serie sehen oder einer einfachen Beschäftigung nachgehen und sogar das Gefühl erhalten, etwas geschafft zu haben. Für viele ist Prokrastination eine Modekrankheit und Betroffene werden als faul oder unfähig abgestempelt.
Die Einfachheit dieses Urteils liegt wohl darin begründet, dass die Symptome des Prokrastinierens und die Definition von Prokrastination relativ einfach erkennbar sind und somit auch die Ursachen auf der Hand liegen müssen. Doch dieser Umkehrschluss ist falsch.
Häufige Gründe für Prokrastination werden in einer Analyse der Martin Luther Universität Halle-Wittenberg (MLU) im Zusammenhang mit der Organisation komplexer Aufgaben gesehen, wie Johannes Hoppe, Verfasser der Studie an der MLU in einem Interview beschreibt.
Gründe für Prokrastination, die mangelnde Selbstkontrolle und die Selbsttäuschung sind vielseitig. Das US-Magazin "Psychology Today" listet die folgenden grundlegenden Ursachen für Prokrastination auf:
Perfektionisten, Selbstzweifel und Angst
Menschen, die prokrastinieren, sollen tatsächlich Perfektionisten sein? Laut dem Magazin gehören zur Gruppe Personen, die eine Sache lieber überhaupt nicht machen, als das Risiko in Kauf zu nehmen, diese nicht gut oder fehlerhaft zu bearbeiten.
Aber auch Selbstzweifel und Ängste (anxiety) spielen eine Rolle: So geht mit der Angst, Arbeiten nicht perfekt abzuliefern, die Furcht einher, für eine mangelhafte Leistung verurteilt zu werden. Die Furcht vor dem Urteil anderer ist dabei so groß, dass die Betroffenen manchmal lieber mit den Konsequenzen einer nicht absolvierten Arbeit umgehen oder sogar die eigene Zukunft aufs Spiel setzen.
Mangelnde Struktur
Fehlende Strukturen in Aufgabenstellungen oder das Unvermögen Betroffener, Aufgaben selbst zu strukturieren, können zum Prokrastinieren verleiten. Die Betroffenen wüssten im Angesicht zu komplexer und schwieriger Aufgaben nicht, wo sie anfangen, sind nicht dazu in der Lage, sinnvolle Teilziele zu definieren und verbinden mit der Arbeit darum eine unangenehme Beschäftigung.
In der Folge prokrastinieren die Betroffenen, um einen Ausgleich zu suchen, der das Belohnungszentrum im Gehirn stimulieren kann und von den negativen Gefühlen und Gedanken der zu schweren Aufgaben ablenkt.
Mangel an Motivation
Einfach keinen Bock - auch die einfachste Erklärung scheint gewissermaßen zuzutreffen. Aus Mangel an Motivation wird die Aufgabe überhaupt nicht begonnen und aus dem Kopf verdrängt. Menschen mit bestimmten Präferenzen suchen sich dann lieber das schnelle, hedonistische Glück in Form einer einfachen Ablenkung und einfacher Tätigkeiten mit Belohnungsfunktion.
Was tun gegen Prokrastination?
Der Kampf gegen die Ursachen der Prokrastination ist abhängig von den betroffenen Individuen und dadurch nicht immer einfach. Grundlegende Änderungen in der Organisation von Aufgabenstrukturen sind ein wichtiges Werkzeug, um die verbreitetsten Ursachen zu überwinden und sollten als Werkzeug der Organisation zuerst genutzt werden.
Die Aufgabe an das Management in Unternehmen oder eben die Professoren an Universitäten besteht darin, eine gewisse Struktur mit definierten Zwischenzielen für die Lösung einer Aufgabe mitzuliefern. Mit klar definierten Teilzielen und Deadlines zu diesen Teilzielen werden die Ergebnisse der komplexen Aufgabe verbessert.
Wenn die Betroffenen einmal dazu befähigt sind, diese Teilziele selbst zu finden und bei der Lösung Glücksgefühle empfinden, entfällt für viele der Grund für die Prokrastination.
Weitere praktische Ansätze gegen Prokrastination:
Jede größere Aufgabe wird Stück für Stück gelöst und manchmal fällt es nicht leicht, die konkreten Teilziele zu formulieren. Management und Lehrkräfte können die folgenden Ansätze und Methoden gegen Prokrastination nutzen:
- klare Strukturen vermitteln
- Zwischenziele definieren und mit Deadlines verbinden
- Feedbacks formulieren, die nicht abschrecken
- die Aufgaben mit konkreten übergeordneten Zielen verbinden
- Personen helfen, sich selbst einzuordnen
Lernende dazu befähigen, Aufgaben selbstständig zu analysieren und in Teilschritten zu lösen, hat einen positiven Einfluss auf das Ergebnis und erleichter die Zusammenarbeit bei weiteren Projekten.
Sollte aber festgestellt werden, dass Mitarbeiter einfach kein Interesse an der Aufgabe haben und sich auch nicht durch etwas Hilfe motivieren lassen, macht es durchaus Sinn, die Aufgabe an jemand anderen abzugeben, um die zu erwartende Qualität zu sichern.
Prokrastination besiegen und Ergebnisse optimieren
Mit den vielen möglichen Ursachen für das Prokrastinieren haben Lehrkräfte und leitende Angestellte neue Möglichkeiten, Betroffenen mit Anleitung und Orientierung in die richtige Richtung zu helfen.
Als Meister, Fachwirt oder Betriebswirt besteht auch Ihre Aufgabe schließlich darin, Auszubildende oder Mitarbeiter zu motivieren, Probleme zu erkennen und die Umsetzung von Projekten so zu gestalten, dass mit dem bestmöglichen Ergebnis zu rechnen ist.
Ob Angestellte sich also selbst blockieren und mit modernen Methoden des Managements ihre Möglichkeiten voll entfalten könnten oder es sich wirklich um jemanden handelt, der einfach permanent unmotiviert ist und keinen Spaß an den Aufgaben hat - mit der Bekanntheit der Bedeutung von Prokrastination wachsen auch die Möglichkeiten, diese zu erkennen, gegen sie vorzugehen und Betroffenen zu helfen.