Magazin

Abwicklungsvertrag - das müssen Sie wissen

Ein Abwicklungsvertrag bezeichnet eine schriftliche Übereinkunft nach der Kündigung.

Was ist zu beachten und wann droht eine Sperrfrist? Kündigungen durch den Arbeitgeber bedeuten selten ein harmonisches Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Als einseitige Willenserklärung sind diese rechtlich bindend und können nur noch vor dem Betriebsrat oder gerichtlich angefochten werden.
 

Da eine Kündigung entgegen des Willens der Arbeitnehmer ausgesprochen wird, herrschen in den letzten Wochen alles andere als Harmonie und Übereinkunft. So sind Fragen, ob Arbeitnehmer nach der Kündigungsfrist überhaupt noch der Tätigkeit nachgehen sollten, wie mit Überstunden umzugehen ist und andere Punkte klärungsbedürftig.
Um Angelegenheiten gesetzlich bindend zu regeln und eine Klage gegen die Kündigung zu vermeiden, ist der Abwicklungsvertrag - auch Abwicklungsvereinbarung - ein gern genutztes Mittel von Arbeitgebern.

Arbeitnehmern bietet sich die Chance, für die klärende Unterschrift eine entsprechende Gegenleistung zu erhalten. Wann ist der Abwicklungsvertrag sinnvoll? Was wird im Abwicklungsvertrag geregelt? Und wann droht eine Sperrfrist nach dem Abwicklungsvertrag?

Wir zeigen, wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer von einer Abwicklungsvereinbarung profitieren können, wie sich Abwicklungs- und Aufhebungsvertrag unterscheiden und was in der Praxis zu beachten ist.

Abwicklungsvertrag und Kündigung - so funktioniert die Vereinbarung

Nach der Kündigung durch den Arbeitgeber dient ein Abwicklungsvertrag dazu, den Verbleib zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu klären. Dies ist meist notwendig, da nicht vor jeder Kündigung alle Aspekte im Einvernehmen zu regeln sind - vor allem dann, wenn die Emotionen aufkochen und harte Fronten aufeinanderstoßen.
Um alle Modalitäten der Kündigung so schnell wie möglich und rechtskräftig abzuarbeiten und im Nachgang eine Kündigungsschutzklage zu vermeiden, wird zur Klärung von Abfindung bis Zeugnis ein Abwicklungsvertrag aufgesetzt.

Was ist ein Abwicklungsvertrag

Ein Abwicklungsvertrag ist eine zweiseitige Willenserklärung, welche nach einer Kündigung aufgesetzt wird, um sich im Einvernehmen voneinander zu trennen. Im Abwicklungsvertrag - auch Abwicklungsvereinbarung - wird eine Übereinkunft zum Umgang mit Aspekten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesucht.

Aus Sicht der Arbeitnehmers:

Für Arbeitnehmer ermöglicht die Unterzeichnung der Abwicklungsvereinbarung eine Abfindung und eine Freistellung von der Arbeit während der Kündigungsfrist. Auch der Einfluss auf das eigene Arbeitszeugnis ist so möglich.

Für Arbeitnehmer ist wichtig:

  • Eine Abfindung sollte eine Sperrfrist für den Bezug von ALG1 überbrücken.
  • Die Kündigungsschutzklage sollte bei Bedarf direkt nach der Kündigung eingereicht werden, um die dreiwöchige Frist zu wahren.
  • Die Beratung durch einen Anwalt sollte ggf. wahrgenommen werden.
  • Ein gutes Arbeitszeugnis kann erwirkt werden.

Aus Sicht des Arbeitgebers:

Für Arbeitgeber ist der Abwicklungsvertrag ein wichtiges Mittel zur Wahrung eines Kündigungszeitpunktes, da im Vergleich zu einem Aufhebungsvertrag eine Übereinkunft erst nach dem Ausspruch des Kündigungszeitpunktes erfolgen kann.
Das Ziel des Arbeitgebers ist es weiterhin, eine Kündigungsschutzklage zu umgehen und die einseitige Willenserklärung der Kündigung auf Einvernehmen durch die gekündigte Person stoßen zu lassen.
 

Abwicklungsvertrag für Arbeitgeber auf einen Blick:

  • Eine Kündigungsschutzklage soll vermieden werden.
  • Der Zeitpunkt der Kündigung wird gewahrt.
  • Eventuelle Wahrung von Dienstgeheimnissen muss durch Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung oder eine sofortige Freistellung festgehalten werden.

Wie muss ein Abwicklungsvertrag aussehen?

Ein Abwicklungsvertrag bedarf der Schriftform und ist von Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu unterzeichnen. Keine weiteren Formalien müssen eingehalten werden.

Die elektronische Form ist ungültig.

Was ist Inhalt des Abwicklungsvertrages?

  •  Umgang mit Überstunden und Resturlaub

Sollten zum Zeitpunkt der Kündigung noch ein Anspruch auf Resturlaub oder geleistete Überstunden bestehen, werden diese häufig als Teil der Abfindung vergütet.

  • Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung

Je nach Position des scheidenden Arbeitnehmers ist der Kenntnisstand um Firmengeheimnisse wie Preisleveln von Schlüsselkunden, bestehenden Taktiken am Markt und Pläne zur Akquirierung von Marktanteilen für Mitbewerber viel Wert.

Um zu vermeiden, dass Mitarbeiter nicht Bestandskunden mit zum Wettbewerb nimmt, sollten ein Wettbewerbsverbot und dessen Dauer festgehalten werden. Die Höhe der Karenzentschädigung liegt bei mindestens 50 Prozent des zuletzt bezogenen Entgeltes und muss während der gesamten Dauer des Wettbewerbsverbots gezahlt werden. Diese und weitere Regelungen sind im § 74 des Handelsgesetzbuches (HGB) festgeschrieben.

  • Höhe einer Abfindung

Die Höhe der Abfindung berechnet sich meist aus der Summe einer Zahlung, die aufgrund einer Sperrfrist anfällt, der Vergütung für Überstunden und einem Ausgleich für Resturlaub. Weitere Anteile wie Entschädigungen können in die Abfindung einfließen. Die Höhe der Abfindung muss individuell vereinbart werden, Vorgaben dazu, was ein Bestandteil der Abfindungssumme ist, gibt es nicht.

  • Anwesenheitspflicht und Freistellung während Kündigungsfrist

Die Anwesenheit nach Erhalt der Kündigung kann für den Arbeitnehmer, Kollegen und Arbeitgeber eine Herausforderung sein. Je nach Arbeitsplatz besteht das Risiko der Spionage, der Manipulation, der negativen Beeinflussung des Arbeitsklimas oder der Verzweiflung und Belastung des scheidenden Arbeitnehmers.

  • Rückgabe von Firmenfahrzeugen und Firmenbesitz

Das Datum der Rückgabe von Firmenbesitz und Dienstfahrzeugen wird ggf. im Abwicklungsvertrag festgehalten. Dabei sind vorab getroffene Vereinbarungen, z. B. aus dem Dienstwagenvertrag bindend, wenn keine abweichenden Regelungen aufgenommen werden.

  • Inhalt Arbeitszeugnis

Obwohl es zukünftigen Arbeitgebern gegenüber nicht fair ist, kann auch der Inhalt des Arbeitszeugnisses im Abwicklungsvertrag geklärt werden. Eine natürliche und glaubhafte Beurteilung sollte das Ziel sein. Im Idealfall lassen sich Arbeitnehmer das Arbeitszeugnis vor der Unterschrift der Abwicklungsvereinbarung aushändigen.

  • Versicherungsfragen

Sollten Aspekte rund um das Thema Versicherung bestehen, können auch diese im Abwicklungsvertrag geklärt werden.

Abwicklungsvertrag und Sperrzeit

Um eine Sperrzeit durch die Bundesagentur für Arbeit zu vermeiden, muss prinzipiell davon abgeraten werden, einen Abwicklungsvertrag zu unterzeichnen.

Der Abwicklungsvertrag wird wie eine Einverständniserklärung gewertet, in der Arbeitnehmer die Kündigung akzeptieren. Dieses Zutun zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist somit - aus Sicht der Bundesagentur - zunächst erfüllt. Eine Sperre droht also, so wie wenn Arbeitnehmer selbst gekündigt hätten, einen Aufhebungsvertrag unterzeichneten oder ihnen durch widriges Verhalten gekündigt wurde.
Die Bundesagentur verweist auf die dreiwöchige Klagefrist nach Erhalt der Kündigung und rät weiterhin, nach Erhalt der Kündigung Kontakt mit einem Ansprechpartner vor Ort aufzunehmen.

Weitere Informationen bei der Bundesagentur für Arbeit zum Thema Sperrzeit: "Kündigung, Abfindung, Freistellung".

Abwicklungsvertrag ohne Sperrfrist - geht das überhaupt?

Es soll unter gewissen Umständen auch möglich sein, die Sperrfrist trotz Unterzeichnung der Abwicklungserklärung zu vermeiden. Dies könnte der Fall sein, wenn:

  • die Kündigung rechtmäßig war,
  • es keine Chance auf einen Einspruch oder eine Aufhebung durch die Kündigungsschutzklage am Arbeitsgericht gegeben hätte,
  • die Abwicklungsvereinbarung keinen Einfluss auf den Zeitpunkt hat, an dem das Arbeitsverhältnis beendet wird.

Doch dies sollte nach heutigem Kenntnisstand nur als absoluter Sonderfall gewertet werden. Die Unterzeichnung einer Aufhebungserklärung schützt in den allermeisten Fällen nicht vor einer Sperrfrist.
Ob die Chance besteht, dass die Sperrfrist entfällt und ob sich die Bemühungen lohnen, sollte mit einem Anwalt geklärt werden und auch dieser wird nicht in jedem Fall absolut sicher versprechen können, dass die Sperrfrist bei Unterzeichnung der Abwicklungsvereinbarung vermieden wird.

Unterschied Abwicklungsvertrag und Aufhebungsvertrag

Während eine Abwicklungserklärung separat nach einer Kündigung verhandelt werden kann, dient der Aufhebungsvertrag dazu, die Kündigung im beiderseitigen Einvernehmen in Form der Aufhebung des Arbeitsvertrags zu ersetzen.

Abwicklungsvereinbarungen regeln dagegen, unter welchen Modalitäten eine ausgesprochene Kündigung im Bezug auf zu klärende vertragliche und nicht-vertragliche Aspekte seitens der Arbeitnehmer akzeptiert wird. Sowohl ein Abwicklungsvertrag als auch Aufhebungsverträge bedürfen zwei Willenserklärungen, der des Arbeitnehmers und Arbeitgebers oder eines berechtigten Vertreters des Arbeitgebers. Erklärt sich eine der Parteien nicht einverstanden, kommt es zu keinem wirksamen Vertrag.
Die Inhalte, welche in beiden Verträgen geregelt werden, sind sich ähnlich, da die Modalitäten der scheidenden Arbeitnehmer ähnlich sind. Beim Aufhebungsvertrag ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter diesen Bedingungen ein fester Bestandteil, so dass dieser eine Kündigung überflüssig macht.

Beide Verträge schützen nicht vor einer Sperrfrist durch die Bundesagentur für Arbeit.

Die Frage, ob ein Abwicklungsvertrag oder Aufhebungsvertrag besser geeignet sind, entscheidet sich für Arbeitgeber danach, ob ein bestimmter Zeitpunkt der Kündigung eingehalten werden muss. Arbeitgeber profitieren beim Abwicklungsvertrag dadurch, dass ein zeitlicher Rahmen der Kündigung einfacher zu erfüllen ist, da die Frist mit dem Erhalt der Kündigung beginnt.
Bei einem Aufhebungsvertrag kann die Verhandlung um die Inhalte auch den Kündigungszeitpunkt beeinflussen, da das Kündigungsdatum ebenfalls Teil des Aufhebungsvertrages sein kann.

Empfehlungen zum Umgang mit dem Abwicklungsvertrag

Sollten Sie einen Abwicklungsvertrag mit einer Kündigung vorgelegt bekommen, dürfen Sie diesen nicht sofort unterzeichnen. Lassen Sie sich auf keinen Fall zur Unterzeichnung zwingen. Wichtig ist es, die Inhalte zu klären und in Verhandlungen Einfluss auf den Vertrag zu nehmen.

  • Kontaktieren Sie den Betriebsrat nach Erhalt der Kündigung und vor Unterzeichnung der Abwicklungsvereinbarung. Zeigt sich die Kündigung als ungültig, ist der Abwicklungsvertrag nichtig.
  • Suchen Sie sich rechtliche Beratung. Prüfen Sie auf jeden Fall eine Klage gegen die Kündigung und die Inhalte und Formulierungen des Abwicklungsvertrags. Beachten Sie die dreiwöchige Frist, in der die Klage eingereicht werden muss.
  • Kontaktieren Sie die Bundesagentur für Arbeit und schildern Sie den Vorfall. Bitten Sie um einen Beratungstermin.
  • Unterzeichnen Sie den Abwicklungsvertrag nur, wenn die Sperrzeit von etwa 12 Wochen finanziell in Form einer entsprechend hohen Abfindung (unter Berücksichtigung von Abzügen) im Abwicklungsvertrag abgedeckt wird und der Abwicklungsvertrag juristisch geprüft wurde.
  • Prüfen Sie die individuellen Inhalte der Abwicklungserklärung und Verhandlungsspielraum mit einer Rechtsberatung.

Wann lohnt sich ein Abwicklungsvertrag?

Abwicklungsvereinbarungen bieten Rechtssicherheit für den Arbeitgeber bei Einhaltung eines Kündigungszeitpunktes. Für Arbeitnehmer bedeutet die Abwicklungsvereinbarung vor allem dann Vorteile, wenn die Abfindung in einer entsprechenden Höhe ausfällt, das Arbeitszeugnis beeinflusst und die Anwesenheitspflicht während der Kündigungsfrist ausgesetzt wird.

Es muss beachtet werden, dass ein Abwicklungsvertrag - aufgrund des anerkennenden Charakters gegenüber der Kündigung - zur Sperre für das Arbeitslosengeld führen kann. Jede Kündigung sollte darum direkt mit dem Betriebsrat besprochen und vor dem Arbeitsgericht angefochten werden. Kommt es zur Einigung, kann die Klage noch immer zurückgezogen werden.
Zum Thema Sperrfrist muss gesagt werden, dass diese in aller Regel mit der Unterzeichnung einhergeht. Viele der Fälle, die auf das Entfallen der Sperrfrist deuten, sind älter. In moderneren Fällen kam es in der Regel zu einer Sperrzeit, da Arbeitnehmer sich mit der Untereichung der Abwicklungsvereinbarung mit der Kündigung abfinden.
Eine Klausel im Abwicklungsvertrag, welche eine Klage trotz Unterzeichnung vorsieht, wäre entgegen der Natur des Abwicklungsvertrages und vor allem entgegnen den Interessen des Arbeitgebers, diesen selbst zu unterzeichnen.

Wir empfehlen Arbeitnehmern, den Abwicklungsvertrag nicht zu unterzeichnen, ohne die Inhalte mithilfe einer rechtlichen Beratung zu klären. Die Abwicklungsvereinbarung versichert dem Arbeitgeber, dass die Kündigung als rechtmäßig anerkannt wird und stellt somit eine Sicherheit dar. Dies sollte von Arbeitnehmern für eine angemessene Entschädigung genutzt werden.