Nach dem Studienabbruch: Ausbildung, Fortbildungen, Bewerbung und Co.
Für viele Schulabsolventen führt der Weg nach dem erfolgreichen (Fach-)Abitur in der Regel direkt an die Uni beziehungsweise an die Fachhochschule – aufgrund zu hoher Erwartungen, Stress, nachlassender Eigenmotivation oder weil das Studienfach doch nichts für einen ist, endet das Studium für fast ein Drittel der Studenten hier in Deutschland ohne Abschluss.
An diesem Punkt stellen sich für die meisten Abbrecher verständlicherweise viele Fragen: Welche Perspektiven haben Studienabbrecher? Helfen Ausbildung, Fort- und Weiterbildungen, um am Ende genauso gut dazustehen, wie die ehemaligen Kommilitonen? Und wie erklärt man eigentlich den Abbruch des Studiums in der Bewerbung?
Nach einer Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) brechen über 28 Prozent aller Bachelor-Studenten in Deutschland ihr Studium vorzeitig ab – häufig bereits im ersten oder zweiten, seltener auch nach dem vierten Semester. Die Gründe für einen solchen Studienabbruch können vielfältig sein. Allerdings ist es für die allermeisten Studenten kein leichter Schritt, das Studium niederzulegen und es ist entsprechend oft mit Sorgen um die Zukunft verbunden.
Bewerbung auf eine Berufsausbildung
Egal wie viel fachliche Kompetenz man in seinem Studium erworben haben mag – am Ende zählt bei der Einstellung für die Mehrzahl der Arbeitgeber nur der Abschluss einer anerkannten akademischen oder beruflichen Ausbildung. Gerade deswegen wechseln die meisten Abbrecher von der Uni direkt in den Betrieb. Die wohl größte Sorge ehemaliger Studenten bezieht sich auf die anstehenden Bewerbungen – denn auch wenn die Bewerbungsunterlagen an sich einen guten Eindruck machen, wird der Personaler sehr wahrscheinlich die Frage nach dem Warum stellen.
Dennoch gibt es auch bei kritischen Rückfragen wenig Grund zur Sorge. Es ist nämlich sehr unwahrscheinlich, dass die Zeit an der Hochschule oder der Entschluss nicht mehr weiter zu studieren von Personalern negativ ausgelegt wird – ganz im Gegenteil. Betriebe sehen in Studienabbrechern oftmals vielversprechende Kandidaten, von deren Vorwissen und emotionaler Reife man profitieren kann. Wichtig ist dabei, dass man nachvollziehbar und glaubhaft darlegen kann, warum man die richtige Entscheidung getroffen hat.
Daher gilt: auch ein nicht abgeschlossenes Studium sollte man nie verschweigen. Dadurch würde eh nur eine unschöne Lücke im Lebenslauf entstehen. Es ist besser, diesen Lebensabschnitt als bereichernde Erfahrung anzusehen und ihn zu seinem Vorteil zu nutzten.
Wer bereits einige Vorlesungen und Seminare erfolgreich abgeschlossen hat, kann zudem ein Zwischenzeugnis zu seinen Bewerbungsunterlagen beilegen, dass die erworbenen Kenntnisse belegt. Auch Nebentätigkeiten, mit denen man sich gegebenenfalls das Studium finanziert hat, machen sich gut im Lebenslauf. Selbst wenn sie nicht direkt etwas mit der Wunschstelle zu tun haben, signalisieren sie dem Personaler zumindest die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, für sich selbst zu sorgen und gegebenenfalls auch mit Stress fertig zu werden.
Auch was die Gestaltung der Unterlagen angeht, wird von jemandem, der bereits einige Zeit studiert hat ein gewisses Maß an Professionalität erwartet. Als Schüler kann man vielleicht noch mit einem unformatierten Word-Dokument durchkommen, aber nicht nur Absolventen sollten eine ansprechende Bewerbung abgeben. Wer sich die Gestaltung selbst nicht zutraut, findet heutzutage ausreichend Vorlagen für Lebenslauf und Anschreiben im Internet.
Wie begründet man die Lücke im Lebenslauf?
Beim Begründen des Studienabbruchs muss man dem Recruiter vor allem vermitteln, dass es sich um eine gut überlegte Entscheidung gehandelt hat. Als besonders nachvollziehbar gelten:
Private und familiäre Herausforderungen
Ob finanzielle Komplikationen, eine längere Erkrankung (zum Beispiel durch einen Unfall) oder ein Pflegefall in der Familie – es gibt viele private Gründe, mit denen man den Abbruch des Studiums plausibel rechtfertigen kann. Diese Kategorie ist jedoch etwas kniffelig, da gerade gesundheitliche Einschränkungen oder familiäre Verpflichtungen negative Annahmen über Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit hervorrufen können. Daher ist es besonders wichtig zu erklären, dass die Probleme gegebenenfalls bereits gelöst sind und sich nicht auf den zukünftigen Job auswirken werden.
Neue Interessen, Neigungen und Lebensziele
Es kommt nicht selten vor, dass man erst während des Studiums damit beginnt, über den Tellerrand hinaus zu blicken und dann erkennt, dass andere Studiengänge oder praktische Arbeitserfahrungen besser zu den eigenen Wünschen, Talenten und Vorstellungen passen. Der Entschluss zur Neuorientierung und der damit verbundene Schwerpunktwechsel stellen nur für die wenigsten Personaler ein Problem dar.
Falsche Vorstellungen vom Studium und den Anforderungen
Überfülle Hörsäle, gestresste Tutoren, knapp kalkulierte Abgabetermine für Hausarbeiten und ganz andere Studieninhalte als ursprünglich gedacht: Obwohl man eigentlich Architektur studieren wollte, geht es in den Vorlesungen weniger um die Planung und das Design der Bauwerke, sondern vielmehr um mathematische Formeln zur Baustatik, Physik und Sanitärtechnik. Die Realität an der Uni kann sich manchmal deutlich von den Vorstellungen unterscheiden. Wenn man dem Personaler jedoch glaubhaft vermitteln kann, dass man aus seinen Fehlern gelernt hat, sollte auch diese Begründung kein Hindernis darstellen.
Studium abbrechen: die Optionen
Diese Optionen stehen dir nach dem Studienabbruch zur verfügung.
Studienfach wechseln
Es ist vollkommen verständlich, dass nicht jeder Abiturient von vornherein den optimalen Plan für die Zukunft hat. Man entscheidet sich für ein Studienfach, weil man in der Schule besonders gut im entsprechenden Schulfach war oder einfach, weil es sich spannend anhört. Im Laufe der ersten Vorlesungen fällt einem aber auf, dass das Fach doch arg theoretisch ist und man auch nicht so recht weiß, was man hinterher beruflich damit machen möchte. Deshalb muss man jedoch nicht direkt die akademische Laufbahn an den Nagel hängen. Oft reicht es schon, das Studienfach zu wechseln, damit sich die Unzufriedenheit auflöst.
Arbeiten ohne abgeschlossenes Studium oder Ausbildung
Um Abstand von den frustrierenden Vorlesungen und Hausarbeiten zu bekommen, entscheiden sich manche nach der Exmatrikulation erst einmal dafür, Geld zu verdienen. Stellen findet man beispielsweise im Vertrieb, im Service, in der Logistik oder im Eventbereich. Dabei gilt aber zu bedenken, dass die wenigsten gut bezahlten Berufe von ungelernten Kräften ausgeübt werden. Natürlich gibt es auch Ausnahmen und man kann in einigen Branchen ohne Ausbildung ein attraktiveres Gehalt bekommen als so manche Fachkraft. Jedoch kommt man selten an eine Position mit Verantwortung und auch Aufstiegschancen sind ohne Abschluss praktisch nicht vorhanden.
Die Berufsausbildung – von der Uni in den Betrieb
Der Arbeitsalltag im Betrieb gibt vielen ehemaligen Studenten ebenfalls das, was ihnen an der Uni gefehlt hat: eine strukturierte und praktisch angewandte Tätigkeit. Das ist für die Mehrzahl der Studienabbrecher dann auch der nächste logische Schritt. Karriereprogramme wie „Meister statt Master“ zeigen, dass beispielsweise die Handwerksbranche durchaus offen ist, wenn es um Studienabbrecher geht.
Fort- und Weiterbildungen anstatt Studium
Gerade die Frage nach den späteren beruflichen Möglichkeiten beschäftigt viele Studienabbrecher, die den Umstieg auf die betriebliche Ausbildung machen. Mit einer Aufstiegsfortbildung kann man nach der dualen Ausbildung Karrierechancen und Gehalt teilweise denen von Bachelor- oder Master-Absolventen angleichen. Wer in höhere Positionen aufsteigen will, hängt also oft noch eine Weiterbildung zum Fachwirt, Betriebswirt oder Meister an.
Das Duale Studium als Mittelweg
Hier verbindet man die Theorie des Studiums mit der praktischen Erfahrung im Unternehmen, sodass man von beiden Systemen profitiert. Hierzulande gibt es mittlerweile über 1.600 duale Studiengänge und zahlreiche Firmen, die dieses Modell anbieten.