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Ausbildung und Fortbildung nach dem Studium - Alles andere als ein Schritt zurück

Ausbildung nach dem Studium - was lange als Schritt zurück galt, verbessert die Chancen und den eigenen Wert am Arbeitsmarkt. Wie funktioniert das? Die letzten Credit-Points gesammelt, Arbeiten verteidigt und mit etwas Wehmut aber frischem Rückenwind beginnt die Realität des Alltags. Doch wie schafft man den Sprung ins Arbeitsleben? Eine Ausbildung nach dem Bachelor oder Master kann die Chance sein, den Bildungsweg neu auszurichten. Doch wann bietet es wirklich Vorteile, noch mal die Berufsschulbank zu drücken? Warum verbessert eine Ausbildung den Schritt in den Berufsalltag?

Ausbildung nach Studium - der praktische Sprung ins Berufsleben

Vom Hörsaal in die Berufsschule? Das ist doch nur was für Studienabbrecher, Kunststudenten und Geisteswissenschaftler! Viele Vorurteile rund um die Karriere der Absolventen dienen dem kleingeistigen Entertainment in der studentischen Kneipe und offenbaren Arroganz und Unwissenheit. Ausbildungen sind keine Verschlechterung - im Gegenteil. Auch finanziell stehen Ausbildungsberufe dank Fortbildungen im Vergleich zu Akademikern gut da und erzielen manchmal sogar dickere Gehaltschecks. Was spricht noch dafür, sich mit oder ohne Bachelor in der Tasche für eine Ausbildung zu entscheiden?

Gründe für eine Ausbildung nach dem Studium

Einfach noch mal neu orientieren, die Kompetenzen aus der Uni mit dem praktischen Arbeitsalltag verknüpfen oder keine Motivation für den Master mehr haben - diese Gründe sprechen für eine Ausbildung nach dem Studium.

Lücken im Lebenslauf vermeiden

Umso länger es nach dem abgeschlossenen Studium dauert, umso schlechter werden die Chancen, später einen Job zu finden. Und auch, um eventuelle Engpässe aufgrund fehlender Masterplätze zu überbrücken, kann sich die zusätzliche Qualifikation in Form der Ausbildung lohnen. Mit der praktischen Erfahrung und guten Abschlussnoten auf dem IHK-Zeugnis beweisen Sie neue Kompetenzen und erhöhen die Chancen, auf einen anschließenden Masterstudiengang nach der Ausbildung. Azubis sind für Unternehmen günstiger, was denen die Einstellung versüßt und Ihnen die Möglichkeit gibt, sich für eine Festanstellung durch Leistung attraktiver zu machen. Ängste vor zu niedrigen Ausbildungsvergütungen sind unberechtigt: Die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) muss im Gegensatz zum BAföG nicht zurückgezahlt werden. Das Einkommen ist dadurch bei vielen Ausbildungsberufen schon im ersten Lehrjahr besser als es an der Universität mit Studenten-BAföG und Kindergeld war.

Bachelor allein macht nicht glücklich

Viele Arbeitgeber sind Bachelor-Absolventen gegenüber skeptisch, da oft nicht nachvollzogen werden kann, welche Qualifikationen wirklich vorhanden sind. Die Anzahl der Unternehmen, welche mit "Bachelor-Angestellten" zufrieden sind, scheint laut DIHK-Umfragen sogar zu fallen. Während 2007 etwa 67 Prozent der Befragten mit den Absolventen zufrieden waren, gaben 2015 nur noch 47 Prozent der Unternehmen ein positives Feedback zu Angestellten mit Bachelor-Abschluss. In den Segmenten Service, Tourismus und Gesundheit wünschen sich 30 Prozent der kleinen Unternehmen mehr Praxisorientierung der Bachelor-Studenten. Da besonders in kleinen Unternehmen Potenzial besteht, schnell die Karriereleiter hochzuklettern, ist die Aneignung der Fähigkeiten in Form einer Ausbildung da ein willkommener Türöffner. Nach und nach beweisen Sie, dass Sie das Geld wert sind und gestalten so mit Eigeninitiative Ihre eigene Position im Unternehmen.

Wunsch, sich neu zu orientieren

"Was mache ich eigentlich hier?" Diese Frage hat sich wohl ein Großteil der Studenten schon einmal gestellt. Oft liegt es daran, dass sich die Realität des Studienlebens und die beruflichen Perspektiven anders entpuppen, als man es vermutete. Manchmal ist der Wunsch nach einem Wechsel auch damit begründet, dass sich während der Zeit an der Uni neue Interessen ausgebildet haben. Laut "Deutschem Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung" (DZHW) sind 91 Prozent der befragten Studienabbrecher, die eine Ausbildung anfangen, vom Praxisbezug überzeugt. Auch eine bessere Betreuung während der Ausbildung (57 Prozent der Befragten) und die kürzere Dauer (59 Prozent) sind Motivation dafür, die Ausbildung zu beginnen. Das Studium abzubrechen ist kein radikaler Einschnitt. Wichtig ist: Wenn Sie sich mit einer Ausbildung neu orientieren möchten, sollte das Studium nicht abgebrochen werden, bevor ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen wurde.

Zusätzliche Qualifikation, Ausbildung als Ergänzung zum Abschluss

Was tun mit einem Bachelor der Sinologie? Warum nicht eine Ausbildung beginnen und die Sprachkompetenzen in der Wirtschaft nutzen? Nach der abgeschlossenen Ausbildung sind weiterführende Qualifikationen wie eine Fortbildung zum Fachwirt oder Betriebswirt ein gelungener Spagat zwischen gutem Einkommen und Abschluss, der auf einer Stufe mit Bachelor oder Master steht.

Wunsch nach Vielseitigkeit

Am Tag die Angestellte mit Wirtschaftsmaster, Schwerpunkt Marketing, und abends die Bastlerin, die mit ihrem selbst gemachten Holzschmuck und Möbeln ein eigenes Unternehmen aufbauen möchte - so genannte "Slash Carreers" sind immer mehr im Fokus junger Menschen. Die parallelen Karrieren versprechen wachsende Einkünfte aus mehr als einer Quelle und so wird z. B. das Hobby zur vielversprechenden Nebentätigkeit. Der Wunsch, sich in mehr als einem Bereich zu verwirklichen und die Fertigkeiten zu Geld zu machen, findet sich vom Freelancer bis zum Bankangestellten. So unüblich eine handwerkliche Ausbildung nach dem Master in BWL auch sein mag, Menschen sind - wie ihre Ziele und Vorstellungen von einem glücklichen Leben - individuell.

Bachelor, Ausbildung - und dann?

Nach dem Bachelor oder Master eine Ausbildung anzufangen ist kein riesiger Zeitverlust: Im Vergleich zu einem vollen Studium, das mindestens fünf Jahre in Anspruch nimmt, kann die Regelzeit einer Ausbildung von drei Jahren Dauer auf zwei oder zweieinhalb Jahre verkürzt werden. Die Möglichkeit erfordert, dass Sie sich das theoretische Wissen des dritten Ausbildungsjahres selbst aneignen. Der verkürzte Ausbildungsweg wurde speziell für Studienabbrecher und Universitätsabsolventen konzipiert. Welche Möglichkeiten bieten sich nach Universität mit anschließender Ausbildung?

Fortbildung zum Betriebswirt nach dem Studium

Im deutschen Qualifikationsrahmen ist eine Ausbildung unter einem Bachelor angesiedelt. Doch das theoretische Konzept ist nur dann wichtig, wenn es um Ausgangsqualifikationen für die weiteren Schritte geht. Und da bringen ein Bachelor und eine Ausbildung auf demselben Gebiet die nötigen Voraussetzungen, um eine Fortbildung zum Betriebswirt zu ergreifen. Für den staatlich geprüften Betriebswirt sind ein abgeschlossener Bachelor, Master oder ein Diplom im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich mögliche Grundvoraussetzung, die als Qualifikationen anerkannt werden können. Zusätzlich zum Universitätsabschluss ist eine einjährige Berufspraxis notwendig.

Meistertitel nach dem Studium?

Der Meistertitel ist zum Bachelor und Fachwirt gleichwertig, doch wird nicht als gleichartig angesehen. Wie theoretisch die strikte Einteilung nach Deutschem oder Europäischem Qualifikationsrahmen sein kann, wird hier bewusst: Ein Bachelor ist nach etwa vier Jahren und mit theoretischem Wissen, sowie einer Bachelorprüfung durchaus machbar. Die Qualifikation eignet sich nur eingeschränkt für den Arbeitsmarkt. Für einen Meistertitel muss dagegen der Beruf absolut verinnerlicht sein, und das theoretische und praktische Wissen bewiesen werden. Der Meistertitel qualifiziert z. B. dazu, ein eigenes handwerkliches Unternehmen zu führen und selbst Lehrlinge auszubilden. Ein akademischer Abschluss verspricht nicht unbedingt Spitzengehälter: Lediglich in den Wirtschaftswissenschaften sind diese in Top-Manager-Posten garantiert. Vergleicht man die möglichen Gehälter der Fortbildungsberufe mit den Universitätsabschlüssen, dürfte mit allen Vorurteilen aufgeräumt sein: Etwa ein Viertel der Meister und Fachwirte haben ein höheres Einkommen als es Akademiker im Durchschnitt erzielen und verdienen manchmal selbst mehr als ein Hausarzt.

Vielseitig qualifiziert und gut bezahlt

Nachteile einer Ausbildung nach dem Studium gibt es nicht. Wer in der Lage ist, sich vielseitig zu qualifizieren, erhöht seinen Wert am Arbeitsmarkt. Das Nachsehen hat man nur dann, wenn die Karriere nur anhand des möglichen Verdienstes geplant und die eigene Glückseligkeit außer Acht gelassen wird. Ob als Studienabbrecher, Bachelor- oder Masterabsolvent - eine Ausbildung nach dem Studium kann den Sprung in die Arbeitswelt erleichtern, praktische Aspekte vermitteln und wichtige zusätzliche Qualifikationen ermöglichen. Die Zahlen zeigen, dass auch mit einem Hauptschulabschluss nach Aus- und Fortbildung die Höhe der Gehälter kaum Wünsche übrig lässt. Und auch wenn der Verdienst etwas geringer ausfällt - besser einer Tätigkeit nachgehen, die wirklich glücklich macht, als ein Leben lang irgendwie unzufrieden zu sein.