Ausbildung oder Studieren?
Stehst du vor der großen Entscheidung, ob du ein Studium beginnen oder dich für eine Ausbildung entscheiden sollst? Diese Wahl kann den weiteren Verlauf deines Lebens maßgeblich beeinflussen.
In einer Gesellschaft, in der akademische Bildung oft als der Königsweg angesehen wird, kann es schwerfallen, den Wert einer beruflichen Ausbildung richtig einzuschätzen. Doch es ist entscheidend, alle Aspekte dieser Entscheidung zu beleuchten, insbesondere die finanziellen.
In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die Kosten, die ein Studium mit sich bringt. Von steigenden Mieten in Universitätsstädten über die Notwendigkeit, nebenbei zu arbeiten, bis hin zu den Herausforderungen, finanzielle Unterstützung wie BAföG für Studierende zu erhalten – die finanzielle Belastung für Studierende ist nicht zu unterschätzen. Diese Faktoren können nicht nur zu einer Verlängerung der Studienzeit führen, sondern stellen auch ein erhebliches Armutsrisiko dar.
Im Gegensatz dazu bietet eine berufliche Ausbildung von Anfang an die Möglichkeit, Geld zu verdienen. Während Studierende oft mit Nebenjobs und Studienkrediten jonglieren müssen, um ihre Ausbildung zu finanzieren, können Auszubildende bereits ein regelmäßiges Einkommen genießen. Darüber hinaus eröffnet die berufliche Ausbildung Wege für kontinuierliche Weiterbildung und Karriereentwicklung, die in vielen Fällen zu mindestens ebenso erfolgreichen und erfüllenden Karrieren führen können wie ein Studium.
Am Ende dieses Artikels wirst du ein klareres Bild davon haben, wie sich die Entscheidung zwischen Studium und Ausbildung auf deine finanzielle Situation und deine beruflichen Perspektiven auswirken kann. Es ist eine Entscheidung, die wohlüberlegt sein will und bei der es wichtig ist, alle Optionen zu berücksichtigen.
Armutsrisiko Studium
In den letzten Jahren hat sich das Studium in Deutschland zunehmend zu einem finanziellen Drahtseilakt entwickelt. Die Herausforderungen, denen sich Studierende gegenübersehen, sind vielfältig und haben tiefgreifende Auswirkungen auf ihre Lebensumstände und akademischen Leistungen. Wir beleuchten die verschiedenen Aspekte, die das Studium zu einem Armutsrisiko machen können.
Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Regelstudienzeit
Im Jahr 2021 schaffte nur knapp ein Drittel der Studierenden in Deutschland die Einhaltung der Regelstudienzeit. Diese Tendenz zu längeren Studienzeiten setzt sich höchstwahrscheinlich fort und hat vielschichtige Gründe:
Nebenjobs: Viele Studierende sind gezwungen, neben dem Studium zu arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Dies reduziert die Zeit, die sie für das Studium aufwenden können.
Auslandssemester und Engagement: Zusätzliche akademische und außerakademische Aktivitäten, wie Auslandsaufenthalte oder ehrenamtliches Engagement, können das Studium verlängern.
Hohe Studienbelastung und mangelnde Ressourcen: Eine hohe Belastung durch das Studium selbst sowie der Mangel an Seminar- und Praktikumsplätzen tragen ebenfalls zu längeren Studienzeiten bei.
Finanzielle Belastungen
Die finanzielle Situation vieler Studierender hat sich in den letzten Jahren verschärft:
Inflation und hohe Mieten: Die steigenden Lebenshaltungskosten und insbesondere die hohen Mieten in Universitätsstädten belasten das Budget der Studierenden erheblich.
Wohnsituation: Ein Drittel der Studierenden wohnt aus Kostengründen noch bei den Eltern. In Städten wie Münster, Essen, Leipzig und Berlin sind die Mieten für Studierende besonders stark gestiegen, mit München an der Spitze der teuersten Städte.
BAföG für Studierende und Studienfinanzierung
Trotz der Novellierung des BAföG für Studierende bleiben Herausforderungen bestehen:
Zugang zum Höchstsatz: Aktuell erhalten nur 43 Prozent der BAföG-Berechtigten den Höchstsatz, während rund 89 Prozent der Studierenden ohne BAföG auskommen müssen.
Nebenjobs und Studienbelastung: Die Notwendigkeit, Nebenjobs anzunehmen, steht oft im Konflikt mit den Anforderungen eines Vollzeitstudiums, das für die Einhaltung der Regelstudienzeit und den Erhalt von BAföG notwendig ist.
Alternative Finanzierungsmöglichkeiten
Die Suche nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten führt Studierende oft zu KfW-Studienkrediten, die jedoch mit hohen Zinsen belastet sind – derzeit über 9% effektiver Jahreszins.
Fazit zu den finanziellen Aspekten eines Studiums
Die finanzielle Belastung für Studierende in Deutschland ist ein komplexes Problem, das durch verschiedene Faktoren wie hohe Mieten, die Notwendigkeit von Nebenjobs und die Schwierigkeit, finanzielle Unterstützung zu erhalten, verschärft wird. Diese Situation führt nicht nur zu verlängerten Studienzeiten, sondern stellt auch ein erhebliches Armutsrisiko dar, das die Bildungschancen und Zukunftsaussichten junger Menschen beeinträchtigt.
Geld verdienen während der Ausbildung
Eine der attraktivsten Aspekte einer beruflichen Ausbildung ist die Möglichkeit, von Anfang an Geld zu verdienen. Im Gegensatz zum Studium, wo Studierende oft auf Nebenjobs, Studienkredite oder finanzielle Unterstützung von Familie angewiesen sind, erhalten Auszubildende ein regelmäßiges Gehalt. Dieses Einkommen steigt in der Regel mit jedem Ausbildungsjahr an, was den Auszubildenden ermöglicht, finanziell unabhängiger zu werden.
Das Gehalt während der Ausbildung variiert je nach Branche, Region und Tarifverträgen. Einige Branchen, wie beispielsweise die Banken- und Versicherungsbranche, zahlen üblicherweise höhere Ausbildungsgehälter, während andere Branchen wie das Handwerk niedrigere Sätze haben können. Trotz dieser Unterschiede bietet die Ausbildungsvergütung eine solide Grundlage für junge Menschen, um früh im Leben finanzielle Verantwortung zu übernehmen und gleichzeitig eine qualifizierte Ausbildung zu erhalten.
Praktische Berufserfahrung während der Ausbildung
Einer der wesentlichen Vorteile deiner beruflichen Ausbildung ist der Erwerb umfangreicher praktischer Berufserfahrung. Im Unterschied zu vielen akademischen Studiengängen, die oft theoretisch ausgerichtet sind, konzentriert sich deine Ausbildung auf das Erlernen und Anwenden von Fähigkeiten, die direkt im Berufsleben benötigt werden. Du wirst einen Großteil deiner Zeit in einem realen Arbeitsumfeld verbringen, was dir ermöglicht, unter praktischen Bedingungen zu lernen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln.
Diese praktische Erfahrung ist nicht nur für das Festigen des Erlernten essenziell, sondern bietet dir auch die Möglichkeit, ein Berufsfeld aus erster Hand zu erkunden. Während deiner Ausbildung kannst du herausfinden, ob der gewählte Beruf deinen Vorstellungen und Neigungen entspricht. Diese direkte Erfahrung ist entscheidend, um fundierte Entscheidungen über deine eigene berufliche Zukunft zu treffen.
Nach Abschluss deiner Ausbildung stehen dir verschiedene Wege der Spezialisierung offen, beispielsweise durch Aufstiegsfortbildungen wie Meisterkurse oder Fachwirtqualifikationen. Diese Weiterbildungen ermöglichen es dir, dich an deinen eigenen Vorlieben und Karrierezielen zu orientieren und deine beruflichen Fähigkeiten weiter zu vertiefen.
Solltest du während deiner Ausbildung feststellen, dass das gewählte Berufsfeld doch nicht deinen Vorstellungen entspricht, besteht sogar die Möglichkeit, die Ausbildung abzubrechen und in einem anderen Bereich neu zu beginnen. Diese Flexibilität ist ein bedeutender Vorteil der beruflichen Ausbildung, da sie es dir ermöglicht, ohne langfristige Nachteile verschiedene Berufsfelder zu erkunden und so den Weg zu finden, der am besten zu deinen individuellen Interessen und Stärken passt.
Aufstiegs-BAföG für die berufliche Weiterbildung
Das Aufstiegs-BAföG, eine wichtige finanzielle Unterstützung für Fachkräfte, die eine berufliche Weiterbildung anstreben, sollte nicht mit dem BAföG für Studierende verwechselt werden. Während das BAföG für Studierende vor allem auf die Unterstützung während eines akademischen Studiums ausgerichtet ist und dabei Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragstellenden berücksichtigt, zielt das Aufstiegs-BAföG auf die Förderung beruflicher Weiterbildungen ab.
Ein entscheidender Unterschied liegt darin, dass beim Aufstiegs-BAföG die Einkommens- und Vermögensverhältnisse keine Rolle spielen, soweit es um die Förderung der Lehrgangs- und Prüfungsgebühren geht. Dies bedeutet, dass unabhängig von deinem finanziellen Hintergrund die Möglichkeit besteht, Unterstützung für deine berufliche Weiterbildung zu erhalten. Das Aufstiegs-BAföG richtet sich an Personen, die Fortbildungen in Bereichen wie Meisterkurse, Techniker, Fachwirte oder Fachkaufleute anstreben.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Aufstiegs-BAföG ist, dass in der Regel ein Rechtsanspruch auf die Förderung besteht. Das bedeutet, dass du, wenn du die Voraussetzungen erfüllst, einen Anspruch auf die maximalen Förderquoten hast. Diese Förderung kann einen erheblichen Unterschied machen, indem sie dir ermöglicht, deine Qualifikationen zu erweitern und deine Karrierechancen zu verbessern, ohne dich finanziell übermäßig belasten zu müssen.
Das Aufstiegs-BAföG bietet somit eine wertvolle Ressource für diejenigen, die ihre beruflichen Fähigkeiten erweitern und auf dem Arbeitsmarkt vorankommen möchten. Es unterstützt das lebenslange Lernen und die berufliche Entwicklung, indem es den Zugang zu weiterführender Bildung erleichtert und somit den Weg für höhere Positionen und potenziell höheres Einkommen ebnet.
Deutscher Qualifikationsrahmen: Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung
Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) ist ein Instrument zur Einordnung von Qualifikationen im Bildungssystem und spielt eine entscheidende Rolle bei der Anerkennung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Eine der bemerkenswertesten Aspekte des DQR ist die Einstufung von Abschlüssen wie Fachwirten, Fachkaufleuten, Technikern und Meistern auf Level 6, was dem Niveau eines akademischen Bachelors entspricht. Diese Einstufung unterstreicht den hohen Stellenwert und die Qualität der beruflichen Bildung in Deutschland.
Die Einstufung auf Level 6 bedeutet, dass diese beruflichen Qualifikationen hinsichtlich der Kompetenzen und des erforderlichen Lernniveaus als gleichwertig zu einem Bachelorabschluss angesehen werden. Dies ist ein klares Signal dafür, dass berufliche und akademische Bildungswege als gleichwertige, aber unterschiedliche Pfade zur beruflichen Qualifikation anerkannt werden. Es zeigt auch, dass berufliche Bildung nicht nur eine Alternative, sondern auch eine Ergänzung zur akademischen Bildung sein kann.
Darüber hinaus können Fachkräfte, die sich für weiterführende Qualifikationen wie den Betriebswirt entscheiden, sogar Level 7 des DQR erreichen, was dem Niveau eines Masterabschlusses entspricht. Dies öffnet Türen zu fortgeschrittenen beruflichen Möglichkeiten und Anerkennung, ähnlich denen, die Absolventen eines Masterstudiums zur Verfügung stehen.
Die Einstufung im DQR zeigt, dass berufliche Weiterbildung nicht nur eine Möglichkeit zur Spezialisierung und Vertiefung beruflicher Fähigkeiten ist, sondern auch ein Weg, um akademische Grade in Bezug auf das Kompetenzniveau zu erreichen. Dies trägt wesentlich dazu bei, die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung zu erhöhen und bietet Fachkräften flexible Wege zur persönlichen und beruflichen Entwicklung.